Geduld

Geduld bezeichnet die Fähigkeit zu warten. Eine Fähigkeit, die uns allen zunehmend abhandenkommt, denn für mehr als 55 Prozent der Deutschen, so das Ergebnis einer Studie der Gesellschaft für Konsumforschung, sind Wartezeiten das größte Ärgernis im Alltag. Die Rede ist nicht vom Warten auf lebensnotwendiges, ein Spenderorgan etwa oder die Feuerwehr, wenn es brennt. Es geht um das ganz alltägliche Warten, im Supermarkt oder am Bahnhof. 

Und in der Politik? Demokratie ist auch eine Frage der Geduld, sagte Bundespräsident Frank Walter Steinmeier vor Kurzem. Unser System der repräsentativen Demokratie, darauf angelegt lnteressensunterschiede auszubalancieren und diesem Vorgang Zeit im Parlament einzuräumen, setzt Warten auf die Ergebnisse politischer Entscheidungen geradezu voraus. Eine Erkenntnis, die sich wohl nicht in die Reihen der SPD-Fraktion verirrt hat. 76 Tage nach Vereidigung der Landesregierung poltert der Fraktionsvorsitzende der SPD, Norbert Römer, in seiner Erwiderung zur Regierungserklärung des Ministerpräsidenten am 14. September 2017: ,,Schwarz-Gelb ist eine Koalition der gebrochenen Wahlversprechen.” Potz Blitz! Nach der, für die SPD anscheinend quälend langen Oppositionszeit von gut zwei Monaten, wurden noch nicht alle Vereinbarungen des Koalitionsvertrages umgesetzt. Ein Skandal!

Mal im Ernst: So überraschend die Oppositionsrolle für die SPD auch ist, mit solchen Sätzen erliegt sie der durchschaubaren Versuchung, politisches Kapital aus der allgegenwärtigen Ungeduld der Menschen zu schlagen. Regierung und Parlament arbeiten für die Dauer einer Legislaturperiode! Am Ende dieses Zeitraumes ziehen die Wähler Bilanz – nicht Herr Römer. Wer dieses Prinzip in Frage stellt, macht demokratische Entscheidungsprozesse zum Spielball der Ungeduldigen und gießt Wasser auf die Mühlen der Demokratiegegegner.

Für wird  jedenfalls, auch in Zukunft, die Qualität einer ausgewogenen und tragfähigen Lösung entscheidend sein und erst in zweiter Linie die Zeit, die notwendig ist, um sie zu erreichen. In diesem  Sinne wünsche ich Ihnen, auch im Namen aller Abgeordneten und Mitarbeiter der CDU Landtagsfraktion, eine besinnliche und gesegnete Advents-und Weihnachtszeit.

(“Löttgen parlamentarischer Nachschlag!”, erschienen im CDU Magazin “Bei uns in NRW”, Ausgabe 04/2017)