Liebe Leserin, lieber Leser, zum Zeitpunkt Ihrer Lektüre im Dezember wissen Sie, ob und wie die Einschränkungen gewirkt haben, die wir gemeinsam mit der Landesregierung nach einer Sondersitzung des Landtages zum 2. November in Kraft gesetzt haben.
Weil uns Abgeordneten dieser Blick in die Zukunft verwehrt ist, bleibt uns, was Entscheidungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie mit manch anderer politischen Entscheidung verbindet: unser Wissen und unser Gewissen.
Kann man auf der Grundlage dessen, was wir über die Ausbreitung des Virus wissen, guten Gewissens Entscheidungen treffen, die das öffentliche Leben drastisch einschränken, jeden Einzelnen in seinen Grundrechten einschränken und viele mit der Frage des wirtschaftlichen Überlebens konfrontiert? Antwort: Ja, man kann.
Bei 75 Prozent der Fälle, in denen Gesundheitsämter nicht mehr nachverfolgen können, wo man sich diese Infektion zugezogen hat, also die Lage Ende Oktober, lautet die Antwort: Man muss!
Es ist gesicherte wissenschaftliche Erkenntnis, dass sich das Virus über soziale Kontakte ausbreitet. So lange ermittelt werden kann, wie Infektionsketten zustande kommen, sind regionale und/oder auf den Verursacher bezogene Maßnahmen möglich. Ist dies nicht mehr der Fall, bleibt uns nur, mit einer drastischen Beschränkung aller nicht notwendigen sozialen Kontakte die Notbremse zu ziehen, damit der lnfektionszug zum Stillstand kommt. Nur so wird ein Gesundheitsnotstand mit absehbarer Überlastung unserer Krankenhäuser und des Personals verhindert. Nur so können die daraus entstehenden negativen Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft begrenzt werden.
Nach Abwägung von Zweifel und Gewissheit, nach Prüfung, ob das, was wir planen, geeignet, erforderlich und angemessen, also rechtlich gesehen verhältnismäßig ist, habe ich diesen Maßnahmen mit gutem Gewissen zustimmen können. Damit wir diese Virus-Pandemie erfolgreich meistern, unser Alltagsleben, die notwendige medizinische Versorgung und den Erhalt einer leistungsfähigen Wirtschaft in Balance bringen können, ist jedoch mehr notwendig als die Erkenntnis, dass alle in einem Boot sitzen.
Daher bitte ich Sie -mit aller gebotenen Demut vor den zugefügten Zumutungen -erneut um die notwendige Vernunft und die Solidarität, damit die Maßnahmen zu dem von allen dringlich ersehnten Erfolg führen. Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest!
(„Löttgen parlamentarischer Nachschlag!“, erschienen im CDU Magazin „Bei uns in NRW“, Ausgabe 03/2020)